Fermentation für Gesundheit und Leistung


Landwirten mit Schweinemast ist der Begriff Fermentation wohlbekannt, beispielsweise aus der Konservierung von CCM. Johannes Hilgers, Rheinischer Erzeugerring für Mastschweine e. V., und Prof. Dr. Uwe Hühn, Kleinmachnow, zeigen, dass die Fermentierung auf weitere Futtermittel übertragbar ist und den Gesundheitsstatus der Schweine, ihre Leistungen und die Hygiene in der Futterkette steigert.

In der Tierernährung hat die enzymatische Behandlung von Futtermitteln vor der Verfütterung zum Zwecke der Erhöhung ihres Futterwerts praktische Bedeutung erlangt. Das gilt auch für die Schweinemast. Die Bezeichnungen Enzym und Ferment werden synonym verwendet. Es handelt sich um hochwirksame biologische Katalysatoren, sprich Reaktionsbeschleuniger oder -ermöglicher. Sie werden für alle biochemischen Umsetzungen im Organismus benötigt.

Was passiert im Darm?

Zu den biochemischen Umsetzungen zählen auch der Abbau beziehungsweise die Zerlegung der Futterbestandteile in resorptionsfähige Bausteine im Verdauungstrakt. Hinsichtlich ihrer Herkunft ist zwischen körpereigenen, mikrobiellen und futterbürtigen Enzymen zu unterscheiden. Durch Mikroben gebildete Enzyme nehmen in der Verdauung der Wiederkäuer eine Schlüsselstellung ein. Aber auch außerhalb des Verdauungstraktes werden Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze als Enzymproduzenten genutzt, um Enzyme beziehungsweise Enzymgemische für ein weitgefächertes Einsatzspektrum zu nutzen. Letztere sind hinsichtlich ihrer Zusammensetzung auf einzelne Futtermittel abgestimmt. Dazu zählen zum Beispiel bestimmte Getreidearten mit beachtlichem Gehalt an Gerüstsubstanzen wie Cellulose, Hemicellulose, Pektine, Lignin sowie auch Eiweißfutterpflanzen wie Raps, Erbsen oder Bohnen.

Nährstoffe besser nutzen

Verschiedene Vertreiber und Hersteller bieten inzwischen Enzymmischungen an, welche in der Schweinefütterung bei definierten Futterrezepturen zum Einsatz gelangen. Vorausgegangene umfangreiche Prüfungen unter Versuchs- und praxisnahen Bedingungen, die sich zunächst dem Schwerpunkt Geflügelfütterung widmeten, erstreckten sich in den letzten Jahren auch auf die Mastschweine. Es konnte der Nutzen eines gezielten Einsatzes nachgewiesen werden.

Es wurde die Erkenntnis gewonnen, dass Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Nutztiere, so auch der Schweine, weitgehend vom Vorhandensein ausreichender Mengen an Enzymen hoher Aktivität abhängig sind. Enzyme sind stark vom Milieu abhängig, vor allem vom pH-Wert und von der Umgebungstemperatur.

Die hierzu durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchungen haben zu praktischen Lösungen bei der Fermentation von flüssigem Schweinefutter geführt, die auf die Konservierung und Hygienisierung des Futterbreis sowie den Aufschluss der Nährstoffe gerichtet sind. Sie können so zu einem höheren Gesundheitsstatus und betriebswirtschaftlich vorteilhaften biologischen Leistungen der Mastschweine beitragen.

Wie Sauerteig

Im „Rechenmeister für eine effizientere Schweinefütterung“ der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Neuauflage 2020, erfolgte eine Definition der Fermentierung und es wurden die folgenden grundsätzlichen Empfehlungen hierfür zusammengestellt:

Beim betrachteten und ökonomisch bewerteten gelenkten Verfahren einer optimalen Fermentation in der Mastschweinefütterung werden dem Futter speziell selektierte, konkurrenzstarke Milchsäurebakterien (MSB) zugesetzt. Diese sind als Starterkulturen in verschiedener Produktform – als Granulat oder gefriergetrocknetes Pulver – zu beziehen. Die MSB produzieren unter Luftabschluss aus leicht verfügbaren Kohlenhydraten des Getreides vor allem Milchsäure, sodass eine schnelle Absenkung des pH-Werts eintritt. Hierdurch stabilisiert das aufgenommene Flüssigfutter die Darmflora der Tiere. Es schützt sie vor pathogenen, also krank machenden Keimen wie Hefen und Enterobakterien. Die Verdaulichkeit der Eiweißfutterkomponenten wird erhöht und es erfolgt eine vermehrte Freisetzung des Mengenelementes Phosphor (P) aus pflanzlichen Komponenten. Der Zusatz mikrobieller Phytase führt zu einer deutlichen Steigerung der Verdaulichkeit des Phosphors. Die Berechnung der Phosphor-Versorgung in den Bedarfstabellen erfolgt auf der Basis des verdaulichen Phosphors (vP).

Blick in die Flüssigfütterungsanlage

Im Anmischbehälter der Flüssigfütterungsanlage wird aus einer dosierten Warmwassermenge, Anmischtemperatur 60 bis 65 °C, und der Mischung der eingesetzten Getreidearten und Eiweißfuttermittel nach den betrieblichen Rezepturen für die Mehrphasenmast unter Zugabe der Starterkulturen der Fermentbrei hergestellt. Nach Literaturangaben wurde für die Mastschweine bei einem durchschnittlichen Fermentanteil von 50 % in der Futtersuppe ein Wärmebedarf angegeben, welcher kostenseitig mit 0,73 €/Tier zu Buche schlägt. Es wurde angemerkt, dass sich die Nutzung vorhandener Abwärme aus der Biogasproduktion oder anderer alternativer Energiekonzepte gegenüber der Heizung mit Erdgas kostensenkend auswirkt. Die Mischung wird nach mehrminütiger Rührzeit, die auch als Quellzeit dient, in den Fermenter ausgelagert. In diesem wird der Fermentbrei im Intervall circa drei Minuten je Sunde gerührt und nach einer Verweilzeit von zwölf bis 30 Stunden verfüttert. Die Soll-Temperatur beträgt 36 bis 38 °C und der Soll-Trockenmasse- Gehalt 23 bis 28 % in der Mischung. Es sind zwei Fermenter erforderlich. Sie beanspruchen Platz, sollten keine Stallberührung haben und günstigerweise an einem überdachten Standort stehen. Es wird immer im sogenannten Batchverfahren gearbeitet. Das bedeutet: In einem Fermentationsbehälter fermentiert die Mischung. Gleichzeitig wird aus dem zweiten Fermenter das fertige Ferment als Futterkomponente verfüttert. Dabei wird der Behälter stets komplett entleert und danach mit Warmwasser ausgespült und neu befüllt. Der technische Ablauf der Fermentation und die Steuerung der eingeschlossenen Vorgänge – Anmischen und Verfüttern des Fermentbreies – erfordern fachliches Können und hygienebewusstes Arbeiten. Die Prozesslenkung und -überwachung schließen die Durchführung gezielter Kontrollen ein, damit die oben genannte „Sauerteig“-Bereitung auch gelingt. Dazu zählen eine Reihe von Eckpunkten, nämlich:

Dosierung der oben erwähnten Zuführung von Warmwasser sowie der Getreide- Eiweißfuttermischungen und der Starterkulturen, zum Beispiel mit MSBStämmen; zu achten ist auf

● einen pH-Wert von 3,5 bis 4,0 %;
● den Milchsäureanteil von 1 bis 3 % in der Frischmasse;
● maximal 0,2 % Essigsäure in der Frischmasse;
● den Geschmack sowie
● die erforderliche Fermentationszeit.

Zur Bewältigung des betrieblichen Aufwands bedarf es einer adäquaten Arbeitskapazität. Häufig muss für die Fermentierung in Technik investiert werden. Der Literatur sind für einen Betrieb mit 2 000 Mastplätzen und 3,2 Umtrieben/ Mastplatz/Jahr Festkosten, Technik gesamt, Werte in Höhe von 1,81 € respektive pro Tier von 0,56 € angesetzt. Dem steht ein zusätzlicher Erlös pro Mastschwein gegenüber, für welchen die verschiedenenortes nachgewiesenen Vorteile die Basis bilden.

Nutzen der Fermentation

Den hierzu in Nordrhein-Westfalen durchgeführten Berechnungen zufolge ergaben sich für den Landwirt, basierend auf den verbesserten Teilkomponenten und deren betriebswirtschaftlichem Gewicht deutliche Vorteile. Nach den ausgewerteten praktischen Erfahrungen der REMS e. V. sind zu verzeichnen:

● höhere tägliche Zunahmen, entsprechend minus fünf Masttage = 0,90 €/Mastschwein (MS);
● um 0,05 bis 0,2 bessere Futterverwertung = 1,30–5,30 €/MS;
● Einsatz preiswerterer Energie- und Eiweißfuttermittel, zum Beispiel Austausch von Soja- gegen Rapsschrot = minus 1 €/dt = 2,50 €/MS. Auch Dr. Gerhard Stalljohann, Landwirtschaftskammer NRW, berichtete über
● bessere Tiergesundheit, geringere Verluste = 1,00 bis 2,00 €/MS,
● abgesenkte Rohproteingehalte, geringere Nährstoffausscheidungen bei Stickstoff und Phosphor = 2,00 bis 5,00 €/MS ● sowie geringerer Energieaufwand in der Futtertechnik = 0,50 bis 1,0 €/ MS.

Der einschlägigen Literatur ist zu entnehmen, dass pauschal ein zusätzlicher Erlös von mindestens 3 bis 6 € pro Mastschwein durch die Fermentation zu erwirtschaften sei. Die Praxiserfahrungen zur gelenkten Fermentation mittels MSB-Stämmen sprechen im Weiteren von der Verbesserung der Fließfähigkeit und Homogenität des Flüssigfutters.

Fazit

Die dargelegte Fütterungspraxis unter Einschluss der Fermentation hat in den letzten Jahren auch bei den Schweinemastbetrieben mit Flüssigfütterung einen Auftrieb erfahren. Dieser wurde durch neue technische Entwicklungen und die Verfügbarkeit wirksamer Enzympräparate unterstützt. Die erzielten biologischen und ökonomischen Leistungen belegen die Rentabilität beim praktischen Betrieb. Die Installation und Umsetzung im alltäglichen Arbeitsprozess machen in der Einführungsphase die Inanspruchnahme von fachkundiger Beratung empfehlenswert. Das Fermentationsmanagement erfordert Wissen, Können und eine auf die Lenkung der technischen Abläufe und hygienischen Bedingungen abgestimmte Arbeitskapazität des Mastbetriebs.

Quelle: LZ Rheinland Ausgabe 28/2021 Hof & Feld S. 32-33