Gesunde Jungsauen im Blick


Erfolgreiche Ferkelerzeugerbetriebe orientieren sich an einer Herdenleistung von sechs Würfen je Sau und Leben. Es gibt einige Einflussfaktoren auf die Qualität der weiblichen Jungschweine nach deren Anlieferung, die Johannes Hilgers, Schweinevermarktung Rheinland w.V., und Prof. Dr. Uwe Hühn, Grabfeld, erläutern.

Bei der Remontierung wird unterschieden zwischen dem Zukauf (I) und der eigenen Nachzucht/Bereitstellung der Remontetiere (II). In den rheinischen Ferkelerzeugerbetrieben dominiert I mit einem Anteil von 70 %. In jedem Falle sind die aus dem Zukaufsbetrieb oder dem eigenen Betrieb stammenden Tiere einer Bonitur zu unterziehen und entsprechend der Zuchttauglichkeit zu selektieren. Als geeigneter Zeitpunkt hat sich ein Termin nach Anlieferung oder die Lebendmasse von etwa 95 bis 100 kg he rausgestellt. Von Vorteil ist die Erfassung der Einzeltier-Lebendmasse. Dividiert durch die Lebenstage bei Wiegung ergibt sich die Lebenstageszunahme. Diese kann bei den Hybrid- und Kreuzungstieren je nach Typ in gewissen Grenzen schwanken und kann von 550 bis 650 g betragen. Unter dem Typ versteht man in der Tierzucht die Gesamtheit aller morphologischen und physiologischen Merkmale eines Tieres. Sie schließt die normale Ausprägung der äußerlich erfassbaren Geschlechtsmerkmale (Vulvasymptome), das Fundament und Gesäuge ein.

● Fundament: Die Remontetiere sollen eine gute Winkelung der Gelenke, gute Röhrbeinstärke und tadellose Klauenstellung aufweisen. Mit der Berücksichtigung der Fundamenteigenschaften bei der Zuchtwahl verbunden ist eine höhere Fitness der weiblichen Zuchtschweine. Zugleich wird damit dem Tierzuchtgedanken Rechnung getragen, nämlich unnötige Schmerzen und Leiden zu vermeiden. Muttersauen mit gesunden Gliedmaßen und Klauen erdrücken weniger Saugferkel, erzielen höhere Aufzuchtergebnisse und verursachen einen geringeren Behandlungsaufwand.
● Gesäuge: Um die geborenen Ferkel auch erfolgreich aufzuziehen, müssen bereits die Remontetiere eine ausreichende Anzahl funktionstüchtiger Mammakomplexe sowie eine gute Qualität des Gesäuges aufweisen, denn dieses stellt ein wichtiges Produktionsorgan für die Muttermilch dar. Die angelieferten und vorgestellten Remontetiere aus der eigenen Aufzucht sollten über mindestens 7/7, besser noch 7/8 oder beiderseits acht Zitzen verfügen, eine gute Zitzenverteilung und -ausbildung aufweisen sowie frei von funktionsuntüchtigen oder funktionslosen Zitzen sein. Der gezielte Einsatz von Zuchttieren beiderlei Geschlechts, die über exzellente Zitzenanlagen verfügen, ermöglicht diesbezüglich einen raschen Zuchtfortschritt der Gesäugequalität.

Erstbelegung mit 250 Lebenstagen
Es gilt, die weiblichen Jungschweine nach erfolgter Eigenleistungsprüfung so zu füttern, dass die erreichte körperliche, sexuelle, immunologische und soziale Reife einen guten Start ins reproduktive Leben gewährleisten. Zum letztgenannten Aspekt zählt der Aufbau guter Mensch-Tier-Kontakte, denn zutrauliche Sauen sind fruchtbarer als ängstliche. Bei Remontetieren, die zu jung, zu leicht oder mit unvollkommener Zuchtreife zur medikamentösen Brunstsynchronisation (BS) gelangen und erstbesamt werden, erhöht sich das Ausfallrisiko. Es hat sich als vorteilhaft für die Verbleiberate und Langlebigkeit der Zuchtsauen erwiesen, wenn folgende Orientierungswerte für die erste Zuchtbenutzung (Erstbelegung/-besamung) eingehalten werden:

● Lebensalter von mindestens acht Monaten, jedoch nicht über 255 Lebenstage;
● Lebendmasse 140 bis 160 kg;
● Rückenspeckdicke 12 bis 14 mm (P2), der Messpunkt befindet sich 6,5 cm seitlich der letzten Rippe vom Rückgrat aus gemessen; RSD (P2) zur Geburt des ersten Wurfes 16 bis 20 mm;
● EB möglichst im ersten oder zweiten Östrus nach Eintritt der Geschlechtsreife (= erstmaliges Auftreten des Duldungsreflexes), Letztere sollte kontrolliert und dokumentiert werden. Die Remontetiere sollen während der letzten sechs Wochen vor der ersten Zuchtbenutzung tägliche Zunahmen von 700 bis 750 g erreichen.

Jungsauen-Impfungen richtig planen
Zu einer sorgfältigen, betriebsindividuell abgestimmten Eingliederungsstrategie gehört das Impfprogramm. Es ist wie alle weiteren tiergesundheitlichen Maßnahmen gemeinsam mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt auszuarbeiten, seine strikte Einhaltung zu kontrollieren und an veränderte betriebliche Bedingungen rechtzeitig anzupassen. Impfen bedeutet vorbeugen. Jede Impfung setzt die Kenntnis des Gesundheitsstatus der Einzeltiere oder der Herde über Herkunftsbetrieb und den Sauenbestand  des Ferkelerzeugerbetriebes voraus. Im Impfschema wird festgelegt, welche Impfungen wann, wie oft und durch wen erfolgen. Bei zugekauften Remontetieren ist es unerlässlich, deren Integration über einen separaten Stall mit einer Eingliederungsphase von sechs Wochen zu steuern. Dabei werden in der Eingewöhnungsphase in den ersten drei Wochen die weiblichen Jungschweine durch Isolierung vor Bestandskeimen und zugleich der Bestand vor möglicherweise von den Zutretern ausgeschiedenen Erregern geschützt. Die meist im Herkunftsbetrieb der Tiere begonnene Grundimmunisierung wird durch Nachimpfungen abgeschlossen und es erfolgt die Eingliederung in das Bestandsimpfprogramm. Mit dieser Vorgehensweise, die Bestandteil des betrieblichen Tiergesundheitsmanagements ist, kann die Bestandsimmunität stabil gehalten werden. Eine Nichtbeachtung gefährdet die umfassende Bestandshygiene.

Gewichtsverlust begrenzen
In der Nutztierhaltung zählen Tierwiegungen zu den empfehlenswerten Kontrollmaßnahmen des Herdenmanagements. Das gilt auch für die Sauenhaltung und innerhalb dieses Produktionszweiges insbesondere für den Abschnitt der Säugeperiode. Hohe Lebendmasseverluste durch Geburt und Laktation führen zum Anstieg der unfreiwilligen Sauenabgänge nach dem Absetzen. Als Folge kommt es im darauffolgenden Wurfzyklus zu reduzierten Fruchtbarkeitsleistungen. Bei den in den letzten Jahren rasant gestiegenen Ferkelzahlen ist die Abnahme durch die Geburt selbst, die sich aus der Wurfmasse, dem Fruchtwasser und den Nachgeburten zusammensetzt, gegenüber dem früheren Rechenwert von ehemals 20 kg auf über 25 kg angestiegen. Es wird empfohlen, die Muttertiere so zu füttern, dass nach dem Abferkeln bis zum Absetzten ein laktationsbedingter Lebendmasseverlust von höchstens 10 % eintritt. Das heißt: weniger als 20 kg der Lebendmasse einer Partussau nach beendeter Geburt. Ein Ist-Verlust von über 12 %, das entspricht 25 kg Abnahme, gilt als kritisch; ab 15 % und über 30 kg fügt er dem Muttertier Schäden zu. Ein Beispiel:
Eine 225 kg schwere säugende Sau, die 13 bis 14 Ferkel aufzieht, müsste von einem Laktationsfutter, welches 13,2 MJ ME je kg enthält, im Durchschnitt bei einer 25-tägigen Säugezeit 7 kg täglich verzehren. Als praktikable Kontrolltermine für die Wägung und Bonitur der Sauen gelten

● die Hochträchtigkeit, zweckmäßigerweise an die gruppenweise Umstallung der Sauen vom Wartestall in die Abferkelabteile gekoppelt;
● das Absetzen, verbunden mit der Ausstallung der Sauen aus dem Abferkelstall und der Einstallung der zur erneuten Besamung vorgesehenen Sauen in eine Arena resp. ins Deckzentrum.

Säugezeit von 25 Tagen anstreben
Die Ferkelerzeugerbetriebe werden mehrheitlich auf der Grundlage eines Produktionszyklogrammes bewirtschaftet. Ein Sauenzyklus setzt sich aus den Teilzeiten für das Absetz-Beleg-Intervall, die Tragezeit und die Säugedauer zusammen. Am verbreitetsten sind Sauen zyklen, die 147 Tage umfassen, und die gruppenweise Belegung und Räumung der Abferkelabteile erfolgt nach dem Alles-rein-alles-raus-Prinzip. Dies erbringt insbesondere tierhygienische Vorteile. Die Saugferkel sollen möglichst viel Sauenmilch erhalten. Die Verlaufskurve der täglichen Laktationsleistung steigt bis zur dritten Woche der Säugezeit auf ihr Maximum an, verharrt dort bis zu sieben Tage und fällt danach schrittweise ab. Bei einem Absetz-Beleg-Intervall von fünf Tagen und einer mittleren Trächtigkeitsdauer von 116 Tagen, wie es sich bei Hochleistungssauen in den letzten Jahren herausgestellt hat, verbleiben somit rechnerisch 25 Säugetage, die es ratsamerweise auszuschöpfen gilt. Bei einer längeren Säugezeit von über vier Wochen sind zusätzliche Abferkelbuchten erforderlich und es ist mit höheren laktationsbedingten Körpermasse- und Konditionsverlusten der Muttersauen zu rechnen, die sich nachteilig auf das nachfolgende Brunstgeschehen und die erzielten Trächtigkeitsergebnisse auswirken können.

Integration in die Herde
Für ungestörte Fortpflanzungsfunktionen der Sauen sind der Aufbau, die Erhaltung und Pflege einer guten Körperverfassung von Beginn der Zuchtbenutzung an über alle einzelnen Wurfzyklen besonders wichtig. Darauf gilt es vor allem die phasengerechte Fütterung der weiblichen Zuchtschweine auszurichten. Zwischen den Einzeltieren einer Sauengruppe oder -herde können die Konditionsmerkmale erheblich schwanken. Vornehmliches Augenmerk verdienen die Erstlingssauen im ersten Wurfzyklus als Jungsau sowie die sogenannten Primiparen mit der Wurfnummer 2, also nach Aufzucht des ersten Wurfes. Beide Sauenkategorien unterliegen einer physiologischen Mehrfachbelastung durch anhaltendes Jugendwachstum, zu erbringender Wurf- und Aufzuchtleistung sowie Milchproduktion. Hinzu kommt eine gegenüber den Altsauen geringere Fresslust im Abferkelstall, welche zu höheren Konditionsverlusten beiträgt. Es ist ratsam, Letztere während der ersten Wochen der da rauffolgenden Trächtigkeit durch eine kontrollierte Konditionsfütterung wieder auszugleichen. Dafür wird die für normal konditionierte Sauen übliche Futterkurve mit 29 bis 37 MJ ME je Sau und Tag durch Einzeltierzulage nach Konditionseinstufung auf 40 MJ ME gesteigert. Als Orientierungswerte für Lebendmassespannen der Sauen mit ansteigender Wurfnummer (WN) nach dem Absetzen gelten 180 bis 200 kg (WN1), 200 bis 220 kg (WN2), 220 bis 240 kg (WN3) und 235 bis 255 kg (ab WN4).

Sauenabgänge auswerten
Die Sauenabgänge lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Dabei wird zwischen den geplanten und den ungeplanten Abgängen unterschieden: War der Abgang (Merzung) geplant und die Sau wird aussortiert, dann handelt es sich um eine aktive Entscheidungsfindung. Demgegenüber erfolgen die ungeplanten Abgänge meist ungewollt und vorzeitig, bevor eine Selektionsentscheidung zum Beispiel aufgrund ungenügender Leistungen oder des Alters getroffen wurde. Die häufigsten Gründe sind Fundamentpro bleme, Krankheiten und insbesondere Todesfälle. Nach den Analysen deutscher Erzeugerringe gehen die meisten Sauen aus Altersgründen ab; oftmals hatten die betroffenen Sauen im letzten Wurf stark abfallende Leistungen. Schon an zweiter Stelle der Abgangsursachen kamen Sauen mit Fruchtbarkeitspro blemen; sie erreichten häufig weniger als vier Würfe. Es lässt sich schlussfolgern, dass der Ferkelerzeuger die Lebensleistung der Sauenherde am ehesten verbessern kann, indem er sich primär auf die Abstellung von Fruchtbarkeitsstörungen konzentriert. Bezüglich der Reproduktionspro blematik sollte bei der Kommentierung zwischen folgenden Parametern unterschieden werden: Brunstlosigkeit, Umrauschen, Abort.
Der Anteil fundamentbedingter Ausfällean den Gesamtabgängen in der Sauenhaltung ist mit 6 bis 15 % zu beziffern. Für eine differenzierte Zuordnung ist folgende Kommentierung vorzuschlagen:

● Lahmheiten sind solche nach Unfällen (Frakturen) oder ohne äußerlich erkennbare Ursachen, die nicht mit Klauenerkrankungen in Verbindung stehen
● Klauenschäden, also Klauenentzündungen,Klauenabrisse, Hornspalten, mangelnde Klauenpflege. Die Sauenabgänge sollten in den Ferkelerzeugerbetrieben mittels Sauenplaner einheitlich dokumentiert und ausgewertet werden. Insbesondere sollten die Ursachen der vorliegend aufgeführten, ungewollten Verluste exakt abgeklärt werden, um zielgerichtet Maßnahmen zu ihrer Minimierung einleiten zu können.


Erfolgreiche Remontierung

Nach den Erfahrungen der rheinischen Ferkelerzeugerbetriebe haben sich im Hinblick auf die angestrebte Nutzungsdauer von sechs Würfen je Sau und Leben folgende Eckpunkte der erfolgreichen Remontierungsstrategie bewährt:

● mit weniger als 20 % Erstlingssauen auskommen und erfolgreichen Start der Remontetiere ins aktive Sauenleben gewährleisten
● besonders auf die erlangte Zuchtreife achten
● niedrige Ausfallraten in den ersten zwei Wurfziffern anstreben durch rechtzeitiges Erkennen und Abstellen von Fruchtbarkeitspro blemen
● sich konsequent von alten Tieren trennen