Große Buchten – hohe Verluste


Im Düsser Sauenstall wurden und werden Erfahrungen mit Bewegungs- und Freilauf-Abferkelbuchten gesammelt. Dabei fiel auf, dass die Ferkelverluste offenbar steigen, wenn die Sauen in der Bucht viel Platz zur Verfügung haben.

Nach dem Willen von Politik und Gesellschaft müssen sich die heimischen Sauenhalter wohl darauf einstellen, dass bei Neu- und Umbauten bzw. in vorhandenen Ställen nach Ablauf gewisser Übergangsfristen künftig nur noch eine kurzzeitige Fixierung der Sauen von einigen Tagen um die Geburt erlaubt sein wird. Daher erprobt die Landwirtschaftskammer NRW auf Haus Düsse seit einigen Jahren eine Reihe unterschiedlicher alternativer Abferkelbuchten im praktischen Betrieb.

Bewegung und Freilauf

Aktuell kommen zwei Systeme zum Einsatz. Zum einen sind das Bewegungsbuchten, in denen die Sauen rund um die Geburt für einige Tage im Ferkelschutzkorb fixiert werden können. Zum anderen sammelt man Erfahrungen mit Freilaufbuchten, bei denen sich die Sauen zur sicheren Arbeitserledigung kurzzeitig aussperren lassen. Als bewährter Standard werden daneben die heute üblichen Abferkelbuchten mit geschlossenem Ferkelschutzkorb eingesetzt.

Die umfangreichen Datenerhebungen auf Haus Düsse ermöglichen dabei einen guten Vergleich der Systeme (Übersicht 1). Zwischen Anfang 2016 und Juli 2019 fanden noch rund 61 % aller Geburten in Standardabferkelbuchten statt. Rund 32 % der Würfe wurden in Bewegungsbuchten, die restlichen 7 % in Freilaufbuchten geboren. Mit durchschnittlich 14 Ferkeln je Wurf weisen die Freilaufbuchten die geringste Anzahl an lebendgeborenen Ferkeln auf. Dies ist in erster Linie auf den zufälligen höheren Anteil an Jungsauenwürfen zurückzuführen.

Zu hohe Ferkelverluste

Beim Wurfausgleich wurden vermehrt leichtere und lebensschwächere Ferkel sowie Spreizer an Sauen in Standard- und Bewegungsbuchten versetzt. Trotzdem summierten sich die Ferkelverluste in den Freilaufbuchten im Schnitt immer noch auf fast 22 %. Das ist aus Tierschutzgesichtspunkten deutlich zu hoch. In den Standardbuchten lagen die Ferkelverluste im Mittel zwischen 13 und 14 %. In den Bewegungsbuchten, in denen die Sauen bis zum fünften Tag nach der Geburt im Ferkelschutzkorb fixiert waren, lagen sie bei gut 17 %. Die geringeren Absetzgewichte in den Standardbuchten sind hauptsächlich mit der größeren Anzahl an abgesetzten Ferkeln zu begründen (12,4 gegenüber 12,0 bzw. 11,2 Ferkel).

 

Erdrückungsgefahr

Eine Auswertung der Verlustursachen macht deutlich, dass die Unterschiede zwischen den Buchtensystemen fast ausschließlich bei den erdrückten Ferkeln zu finden sind. Während die Verluste durch Erdrücken in den Standardbuchten im Mittel bei 5,5 % liegen, steigen sie in den Bewegungsbuchten auf 8,9 % und in den Freilaufbuchten sogar auf 13,6 %. Die Aufstellung in Übersicht 2 zeigt zudem, dass die meisten Erdrückungsverluste in den ersten Lebenstagen vorkommen. Besonders gefährdet scheinen dabei leichtere und weniger vitale Ferkel zu sein. Dies gilt für alle erprobten Typen von Abferkelbuchten. Hier ist auch die Hauptursache für die deutlich zu hohen Ausfälle speziell in den Freilaufbuchten zu finden. In den Bewegungsbuchten scheint dagegen das Erdrückungsrisiko kurz nach dem Öffnen des Ferkelschutzkorbes noch einmal zu steigen. In den Düsser Erprobungen fiel weiterhin auf, dass die Erdrückungsverluste mit steigender Buchtengröße und mit zunehmendem Angebot an für die Sau nutzbarer Fläche tendenziell zunehmen (Übersicht 3). Die Gleichung „Größere Abferkelbucht = niedrigere Saugferkelverluste“ scheint nicht aufzugehen. Im Gegenteil: Insbesondere rund um die Geburt sind größere Buchten eher von Nachteil, da sich die Neugeborenen nach Düsser Beobachtungen häufiger orientierungslos von der Sau entfernen. Außerdem wurde beobachtet, dass sich die Sauen in Buchten mit größerer nutzbarer Fläche häufiger unkontrolliert mittig in der Bucht ablegen und im Liegen umdrehen. Wünschenswert wäre jedoch ein kontrolliertes und langsames Ablegen an Abliegehilfen. Dieses Verhalten scheint sich ein Stück weit durch die Buchtenform unterstützen zu lassen: Die für die Sau nutzbare Fläche sollte besser rechteckig bzw. trapezförmig als quadratisch sein. Darüber hinaus sind trittsichere, gut drainierte Böden und Abliegehilfen, die bei einem offenen Stand den Sauen das kontrollierte und langsame Ablegen erleichtern, von großem Vorteil. Natürlich spielen noch weitere Faktoren eine wichtige Rolle, wie beispielsweise die Fitness der Sau: Tiere, die schwer und lange abferkeln und dabei unruhig sind, oder Sauen mit Fundamentproblemen erhöhen das Risiko von Erdrückungsverlusten.

Kurz gefasst
•Seit mehr als 20 Jahren sammeln die Fachleute auf Haus Düsse Erfahrungen mit alternativen Abferkelbuchten.
•Im Vergleich zu Standardbuchten ind die Ferkelverluste in Bewegungsbuchten und vor allem Freilaufbuchtendeutlich größer.
•Das liegt vor allem am höheren Erdrückungsrisiko.
•Anders als vielleicht vermutet, macht ein größerer Aktivitätsbereich für die Sau die Sache auch nicht besser.
•Im Gegenteil: In größeren Buchten sind die Ferkelverluste sogar noch höher.

Besser zur Geburt fixieren

Interessant ist, dass es in den Freilaufbuchten bei rund einem Drittel der Würfe zu keinerlei Ausfällen durch Erdrückungsverluste kommt. Die Ursachen dafür sind noch zu ergründen. Allerdings sind die Ferkelverluste in den Freilaufbuchten im Mittel so konkurrenzlos hoch, dass zumindest die mehrtägige Fixierung der Sau rund um die Geburt aus Ferkel- bzw. Tierschutzgründen unumgänglich erscheint. Bei unruhigen/aggressiven oder nicht fitten Sauen sowie Würfen mit vielen kleinen oder schwächeren Ferkeln sollte der Schutzkorb zudem einige Tage länger geschlossen bleiben dürfen. Starre gesetzliche Vorgaben sind hier kontraproduktiv.

Reinhard Schulte-Sutrum und Tobias Scholz, LWK NRW/Wal

Quelle: Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben Ausgabe 34/2019 S. 41-42