Kleine Taten, grosse Wirkung


Kranke Schweine und hohe Verluste gehören im Stall von Hans-Wilhelm Reinirkens der Vergangenheit an. Mit ausgeklügelten Maßnahmen hat er es geschafft, die Gesundheit seiner Schweine in den Griff zu bekommen.

reinirkens2 Es ist heiß. Die Julisonne brennt ohne Gnade auf die Felder rund um den Stall von Hans-Wilhelm Reinirkens. 35 Grad zeigt das Thermometer an dem Tag hier in Kerpen in Nordrhein-Westfalen. Menschen, Tiere und Pflanzen draußen leiden unter der Hitze. Drinnen im Stall ist es jedoch schön kühl – Schatten spendender Bäume sei Dank. „Das ist im Sommer sehr hilfreich für das Stallklima“, sagt der Schweinehalter. „So kann ich die Zuluft aus den Bereichen unter den Bäumen ansaugen und in den Stall leiten.“ Eine zusätzliche Kühlung der Zuluft sorgt zudem für ein angenehmes Klima. „Meinen Schweinen kann ich im Sommer – trotz Hitze – optimale Temperaturen bieten“, sagt Hans-Wilhelm Reinirkens. „Das war auch wichtig, um die Tiergesundheit zu verbessern.“

Auf den Punkt

  • Hans-Wilhelm Reinirkens baute seinen alten Maststall um. Damit verbesserte er auch die Leistungen seiner Tiere.
  • Mit einer strikten Hygiene und einer angepassten Fütterung fördert er nun die Tiergesundheit.
  • Dank rohfasereicher Futterkomponenten gehört Schwanzbeißen der Vergangenheit an.
  • Auch Fliegen treten im Stall kaum noch auf – Zuckerwasser sei Dank.

Alles neu
Die frische Luft nutzt seinen Tieren und fördert die Tiergesundheit. Noch vor einigen Jahren konnte Hans-Wilhelm Reinirkens nicht auf Medikamente in seinem Stall verzichten. „Es traten häufig Probleme mit Lungenerkrankungen – vor allem bei den Läufern – auf“, sagt er. „Dazu hat die nicht optimale Zuluftführung beigetragen. Außerdem belegte ich die Abteile buchtenweise, sodass ich nicht allen Altersgruppen eine optimale Temperatur bieten konnte.“ Hohe Verluste machten die Schweinehaltung damals nicht mehr wirtschaftlich. Hans-Wilhelm Reinirkens stand vor der Entscheidung, seinen Stall vollständig zu entkernen und umzubauen oder die Schweinehaltung einzustellen. „An diesen Gedanken konnte und wollte ich mich aber nicht gewöhnen“, sagt er. „Dazu hänge ich zu sehr an meiner Tierhaltung. Zudem ist sie ein wichtiger Bestandteil meines Betriebs.“ Also entkernte er das Gebäude damals und baute es zu einem modernen Maststall um. Seitdem werden die Leistungen seiner Mastschweine immer besser und die Tiere immer gesünder. Heute belegt er vier Mastabteile im Rein-Raus-Verfahren. „Ich bekomme zwar alle meine Tiere von einem Ferkelerzeuger, sodass der Krankheitsdruck ohnehin gering ist, trotzdem ist mir eine strikte Hygiene wichtig“, sagt der Schweinehalter.

Zucker gegen Fliegen
Nach jedem Durchgang werden die Abteile gründlich gereinigt. „Dabei spüle ich auch die Lüftungskanäle über der Rieseldecke aus“, sagt Hans-Wilhelm Reinirkens. Das solle verhindern, dass sich hier Brutstätten für Keime bilden, die mit der Zuluft zu den Schweinen gelangen könnten. Nach der Reinigung werden die Buchten gründlich gekalkt. Erst dann stallt der Landwirt wieder Schweine ein. Die strikte Hygiene macht sich bemerkbar. Die Tiere sind sauber und liegen entspannt in den Buchten – ungestört von Fliegen. Dieses Problem hat Hans-Wilhelm Reinirkens ganz ohne Chemie in den Griff bekommen. „Noch vor ein paar Jahren machten die kleinen Plagegeister mir und meinen Schweinen das Leben schwer. Ich probierte verschiedene Larvizide und Insektizide aus, aber nichts half wirklich.“ Dann erhielt er von seinem Berater der Erzeugergemeinschaft den Tipp, die Mikroorgansimen in der Gülle anzuregen – mit Zucker. „Seitdem nutze ich Spülwasser aus der Melasseherstellung einer Zuckerfabrik“, sagt Hans-Wilhelm Reinirkens. Der enthaltene Zucker regt die Mikroorganismen in der Gülle zum Wachsen an, wodurch sich die Schwimmdecke abbaut. „Ohne Schwimmschicht haben die Fliegen keine Möglichkeit ihre Eier abzulegen.“ Vor jeder Reinigung gibt er einige Liter des Spülwassers aus der Zuckerfabrik auf die Spalten. Bei der Reinigung verteile sich die Flüssigkeit und vermische sich dank des Drucks des Hochdruckreinigers gut mit der Gülle. „Das Fliegen-Problem hat sich damit gelegt. Außerdem spare ich mir starkes Aufrühren der Gülle, was die Stallluft wiederum verschlechtern würde“, sagt er.

Futter gegen Stress
reinirkens5 reinirkens4 Doch nicht nur im Umfeld der Schweine hat der Landwirt einiges verändert, um die Tiergesundheit zu verbessern. Auch bei der Fütterung legt er den Schwerpunkt auf die Gesundheit. Beim Umbau des Stalls musste die alte Flüssigfütterung Breiautomaten weichen. Seitdem füttert er seine Schweine mit Alleinfuttermittel, das er bei einem regionalen Landhändler mischen lässt. Die Tiere erhalten zwei Mastphasen. „Damit die jungen Mastschweine den Transport und das Umstallen in eine neue Umgebung besser verkraften, wird dem Vormastfutter eine Kräutermischung zugegeben: Das schmeckt ihnen und sie nehmen trotz des Stresses ausreichend Futter auf“, sagt er. Das Vormastfutter erhalten die Schweine bis zur vierten Wochen nach dem Einstallen. Anschließend verschneide er das Futter für zwei Wochen mit dem zweiten Mastfutter, bis sie etwa ab der sechsten Mastwoche nur noch das Endmastfutter erhalten. „Diese Ration wird mit 3 Prozent Trockenschnitzel ergänzt, um die Tiere ausreichend mit gut verdaulicher Rohfaser zu versorgen.“

reinirkens6 Rohfaser gegen Nekrosen
Die Rohfaser sorgt bei den Schweinen für ein ausreichendes Sättigungsgefühl. „Sie sind merklich ruhiger und ausgeglichener“, sagt der Landwirt. Das ist wichtig, denn vor einigen Jahren hatte er plötzlich Probleme mit Schwanzbeißen. „Immer mal wieder zerbissen sich die Schweine in einigen Buchten gegenseitig“, erinnert er sich. „Mein Ferkelerzeuger hatte die Genetik in seinem Stall umgestellt.“ Zunächst sah er allein darin den Grund für das plötzliche Auftreten des Schwanzbeißens. Doch dann zeigten sich auch Nekrosen an den Ohrrändern und an den Schwanzspitzen, was die Tiere zum Beißen anregte. „Die zusätzliche Rohfaser der Trockenschnitzel war die Lösung“, sagt Hans-Wilhelm Reinirkens. Neben dem positiven Sättigungseffekt regt die Faser auch die Darmbakterien an, sodass weniger Endotoxine vom Darm ins Blut gelangen. Auch die bessere Thermoregulation der Tiere trägt hierzu bei. Denn können sich die Tiere nicht ausreichend kühlen, vermehren sich die Darmbakterien unerwünscht stark (siehe „Kein Tierwohl zum Nulltarif“, agrarheute Schwein 08/18). „Dank der ausgewogenen Fütterung und der besseren Stallluft treten nun auch weniger Nekrosen bei den Tiere n auf“, fasst er zusammen.

Fazit
reinirkens7 Nach dem Umbau seines Stalls hat Hans-Wilhelm Reinirkens die Gesundheit seiner Schweine im Griff. „Die bessere Luft, eine angepasste Fütterung und eine strenge Hygiene sorgen dafür, dass ich in manchen Halbjahren nicht vergessen darf, eine Nullmeldung in der Antibiotikadatenbank zu machen“, sagt der Landwirt. Doch nicht nur der geringe Medikamenteneinsatz sei ihm dabei wichtig, sondern dass er täglich sehe, dass es seinen Tieren gut geht. „Mit gesunden und fitten Tieren im Stall macht Schweinehaltung wieder Spaß“, sagt er und stupst im Vorbeigehen einem der neugierigen Tiere freundschaftlich gegen die Nase. (wh)

Quelle: agrarheute Schwein Ausgabe September 2018 S.10 – 14  Redakteur-/In: Wiebke Herrmann