Mehr Hygiene macht sich bezahlt


IMG_3833_klEin sauberes Thema hatten sich die Mitglieder des Rheinischen Erzeugerrings für Mastschweine (REMS) vorgenommen: Um präventive Hygienemaßnahmen ging es bei dem Workshop, zu dem ein Team der Fachhochschule Soest nach Uedem gekommen war. Auf dem Rüttermanns Hof der Familie Verhaelen gab es praktische Tipps zur konsequenten Hygiene für Stall und Tier.

Einen Tag Vorbereitungsarbeit hatten Henrike Freitag und Iris Kobusch investiert, um im Maststall auf dem Rüttermanns Hof ein Abteil für den Workshop „Präventive Hygienemaßnahmen“ vorzubereiten. Die beiden Mitarbeiterinnen der Fachhochschule Soest hatten vier Buchten präpariert und stellten damit die Mitglieder der REMS-Mästergruppe auf die Probe. War die Bucht zwei nur grob gereinigt ohne oder mit Schaum, oder war sie doch gründlich gereinigt mit oder ohne Schaum? Und welche der vier präparierten Buchten war zusätzlich desinfiziert worden? Jeder Workshop-Teilnehmer sollte die Buchten und die geleistete Reinigungsarbeit genau unter die Lupe nehmen und mögliche Fehler aufdecken. Gemeinsam ließ sich da schnell eine ganze Liste zusammentragen: Da waren noch Futterreste im Automaten, hier noch Kotreste an der Wand, die Reinigung der Decke ließ zu wünschen übrig, da gab es noch Staubreste auf den Futterleitungen und an der einen oder anderen Stelle auch Spritzschatten. Ein kritischer Blick in den Abluftkanal – auch der nicht gereinigt. Und nicht zuletzt störten die im Abteil noch vorhandenen Fliegen.

Praktische Tipps
Nach Auflösung der Rätselfrage gab es Tipps und Tricks für die praktische Arbeit. AlzChem-Mitarbeiter Martin Reimann zeigte den Einsatz von Alzogur, mit dem sich Fliegeneier und -larven sowie auch Dysenterie-Erreger in der Gülle bekämpfen lassen. Die Ausbringung kann per Gießkanne oder per Dosierwagen mit groß- und feintropfigen Lanzen erfolgen. Um die einzusetzenden Mengen schnell zu berechnen, gibt es in Kürze eine App für das Handy.
Die Ausbringung von Reinigungsschaum zeigte Desintec-Mitarbeiter Michael Dütemeyer und erläuterte, dass erst eine intensive chemische Vorreinigung von Stallflächen und Inneneinrichtung die volle Wirksamkeit einer Desinfektion gewährleiste. Dabei sei der Schmierfilm aus Fetten und Eiweißen nicht allein mit einem Hochdruckreiniger und auch nicht mit heißem Wasser zu beseitigen. Eine schnellere Reinigung sei möglich durch den Einsatz von hochalkalischen Reinigungskonzentraten. Wie diese Präparate mit langer Schaumhaftung auch auf senkrechten Flächen anzuwenden sind, zeigte Dütemeyer im praktischen Einsatz. Die stabilen Schäume lassen sich auf allen Materialien im Stall anwenden und sollten mindestens 15 bis 20 Minuten einwirken.

alzchem_klDen Keimdruck reduzieren
Wie stark der Einsatz von Reinigungsschaum, Hochdruckreiniger und Desinfektionsmittel den Keimdruck im Stall reduziert, das schilderte Prof. Dr. Marc Boelhauve anhand von Versuchsergebnissen. Waren vor der Reinigung noch 9,5 Mio. Keime pro cm² Buchtentrennwand zu messen, waren es nach der Reinigung mit Schaum und Hochdruck noch 2 500, davon blieben nach der Desinfektion mit Schaum noch drei übrig. Im Vergleich dazu waren eine nur mäßige Reinigung und die Anwendung eines flüssigen Desinfektionsmittels deutlich weniger erfolgreich, zeigte der Agrarbiologe und Tiermediziner von der Fachhochschule Soest auf. Ein guter Reinigungsgrad ist dann erreicht, wenn das abfließende Wasser klar und frei von Schmutzpartikeln ist, zudem sollte die Farbe und Oberflächenbeschaffenheit klar zu erkennen sein. Zur visuellen Kontrolle nach erfolgter Reinigung sollte man anhand fester Punkte vorgehen, zum Beispiel mehrere Ecken in Augenschein nehmen, die Stellen in und unter den Trögen oder auch die unteren 30 cm der Wände. Auch eine Wischprobe mit einem Küchenpapier könne Aufschlüsse über den Reinigungserfolg liefern. „Dreck kann nicht desinfiziert werden“, hielt Boelhauve fest, „eine Desinfektion kann eine zuvor nur mäßig durchgeführte Reinigung nicht kompensieren.“
Der Referent nannte einige Arbeitsschritte, die zwingend zur Reinigung gehören:

  • vorhandene Güllekeller vor der Reinigung entleeren
  • groben Mist oder Kothaufen mit der Karre entfernen
  • mit Wasser einweichen
  • Reinigung mit einem Hochdruckreiniger, erst den Boden, dann die Decke und Wände
  • sämtliche zu dem Stall gehörenden Gerätschaften und Einrichtungsgegenstände gründlich reinigen
  • den Stall mit fettlösenden Reinigungsmitteln einschäumen und mindestens 20 Minuten einwirken lassen und dann erneut waschen
  • als letzten Arbeitsgang mit klarem Wasser und wenig Druck die Oberflächen abspülen.

IMG_3975_klFür die Desinfektion gilt: Empfohlen werden 0,4 l Gebrauchslösung pro m² Fläche. Desinfiziert wird der gesamte Stall so, dass der Stall anschließend klatschnass sein sollte. Während der Desinfektion den Ventilator ausschalten und die Türen schließen, denn sobald die Fläche abgetrocknet ist, ist die Desinfektion beendet. Um eine ausreichende Kontaktzeit an den senkrechten Flächen zu erreichen, sollte die Gebrauchslösung als Schaum ausgebracht werden. Bei der Auswahl eines Desinfektionsmittels immer auf die gewünschte Wirkung gegen Bakterien, Viren, Pilze oder Würmer achten. Und ebenfalls im Blick haben, dass Produkte, die auf Aldehyden basieren, einen Kältefehler haben und nicht im Winter eingesetzt werden sollten.

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Ein sauberer Stall lohnt sich

Dass sich die gründliche Reinigung und Desinfektion des Stalls auch in den Leistungen der Tiere niederschlägt, zeigten die Agrarwissenschaftler der Fachhochschule Soest in einem Mastversuch auf. Höhere Tageszunahmen und eine zügigere Räumung der Stallabteile machen sich wirtschaftlich bezahlt. „Erst in gründlich gereinigten und desinfizierten Ställen lässt sich das genetische Potenzial der Schweine nutzen“, zeigte sich Prof. Boelhauve überzeugt.

Quelle: LZ Rheinland 16/2016 Hof&Feld S. 52-53