Runter mit den Schlachtgewichten


Ruinöse Schweinepreise und hohe Futterkosten: Um bei der gegenwärtigen Marktlage das Optimum herauszuholen, müssen Mäster ihre Tiere leichter verkaufen, wie aktuelle Analysen zeigen.

Das optimale Schlachtgewicht der Mastschweine ist entscheidend für den Vermarktungserfolg. Betrachtet man die Entwicklung in den letzten zehn Jahren, sind zum Beispiel in den Betrieben des Rheinischen Erzeugerrings die Schlachtgewichte im Schnitt auf 96,2 kg gestiegen. Diese bloße Zunahme ist jedoch keineswegs mit steigendem Gewinn gleichzusetzen. Das optimale Verkaufsgewicht wird nämlich stark durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflusst, die sich nahezu ständig ändern. So gibt es nicht ein Optimalgewicht für alle Betriebe. Vielmehr ist der Wert betriebsindividuell zu ermitteln. Daher sollte jeder Mäster das optimale Schlachtgewicht beim Vermarkten seiner Schweine kennen.

Futterkosten übersteigen Erlös
Die derzeitige Kostensituation – 30 Euro Ferkelpreis für ein 25-kg-Tier und Futterkosten von über 80 Euro je Mastschwein – wirft die Frage auf, bis zu welchem Gewicht die Tiere für den bestmöglichen Verkaufserlös gemästet werden sollten. Dabei zeigt die gängige Berechnungsmethode nach AutoFOM, dass es für eine positive Erlössituation nur noch einen engen Gewichtskorridor gibt. Tatsache ist, dass sich die Futterverwertung schwerer und oftmals älterer Schweine mit über 106 kg Schlachtgewicht (SG) deutlich verschlechtert hat – sprich über ein Verhältnis von 1:4 hinaus. Das heißt, für die Erzeugung von 1 kg Fleisch werden mehr als 4 kg Futter benötigt. Damit übersteigen die Futterkosten den zurzeit aktuellen Auszahlungspreis von etwa 1,20 Euro je kg Schlachtgewicht. Angesichts der erwähnten generellen Zunahme der Schlachtgewichte wird die Dramatik der aktuellen Situation deutlich: Zu schwere Schweine kosten richtig Geld.

Systemgrenzen beachten
Im Rheinland werden die meisten Schweine nach AutoFOM klassifiziert. Hierbei hat sich gezeigt, dass sich die Qualität der Schlachtkörper bei hohen Endgewichten kaum verschlechtert. Gerade das lässt aber manchen Mäster in eine verhängnisvolle Falle tappen. Er erliegt nämlich der Gefahr, die Schweine zu schwer zu mästen und dabei die Abrechnungssystemgrenzen zu überschreiten. Denn die zu vermarktenden Teilstücke werden zu schwer und fallen aus dem Optimalbereich der AutoFOM-Masken.

Zusätzlich greifen ab einer bestimmten Höhe der Schlachtgewichte finanzielle Abzüge für das Überschreiten der Systemgrenzen. Bei einem Schwein mit 108 kg
Schlachtgewicht können das je nach Mask  beziehungsweise Schlachthof 3,5 bis 5 Euro Verlust sein. Hinzu kommen Mindererlöse für zu schwere Schinken und zu hohe Das Wiegen vor dem Ausstallen hilft, die Abzüge wegen Über- oder Untergewicht zu minimieren. Lachsgewichte. In der Summe liegt man dann schnell bei über 15 Euro Abzug pro Schwein.

92 bis 94 kg sind optimal
Die Grafik „Mit optimalen Schlachtgewichten vermarkten“ auf Seite 28 zeigt die Erlöse von rund 50.000 Schlachtschweinen, die nach AutoFOM-Maske repräsentativ ausgewertet wurden. Als Preisniveau wurde ein Basispreis von 1,20 Euro/kg SG zugrunde gelegt. Ferner wurde eine durchschnittliche Futterverwertung von 1:2,7 angenommen. Die in der Grafik dargestellten Erlöse und Kosten beziehungsweise die Erlösdifferenz zeigen, wo das optimale Schlachtgewicht derzeit liegt – nämlich im Bereich von 92 bis 94 kg. Da sich die Durchschnittswerte in den letzten Jahren auf etwa 96 kg eingependelt haben, kann oftmals schon ein Absenken der Schlachtgewichte um 2 bis 3 kg bei Sauschweinen und Kastraten ausreichen, um das Betriebsergebnis deutlich zu verbessern. Liegt nämlich das betriebliche Schlachtgewicht über dem optimalen Bereich, könnten über reduzierte Schlachtgewichte hohe Futterkosten vermieden werden und der Einkauf günstiger Ferkel die Wirtschaftlichkeit erhöhen. So werden bei 100 kg Schlachtgewicht die Futter- und Ferkelkosten beispielsweise nur noch kostenneutral vom Erlös ausgeglichen. Bei einem Schlachtgewicht von 114 kg verliert man sogar über 28 Euro pro Mastschwein. Es zeigt sich: Tiere, die nach oben aus der Maske fallen, werden in der Auszahlung ganz empfindlich bestraft!

 

Der Blick auf die Grafik unten macht deutlich, dass die Schlachtgewichte in der gegenwärtigen Marktsituation in der Regel unbedingt reduziert werden müssen. Das erspart den Mästern teure Abzüge und ermöglicht es, Futterkosten zu sparen. Gleichzeitig hilft es in der Produktionskette auch den Sauenhaltern, weil sie schneller wieder Ferkel aufstallen können. Diese sind zurzeit so günstig, dass ihre Mast kein Wagnis ist.

 

Quelle: agrarheute Schwein 2/2022 Text: Johannes Hilgers Fotos: agrarfoto.com, Johannes Hilgers