Sommerrationen für laktierende Sauen anpassen


Sauen mögen’s nicht heiß. Das gilt vor allem für die ferkelführenden Muttertiere. Die Aufnahme von Säugefutter mit reduziertem Rohproteingehalt sowie Zulage von freien Aminosäuren vermag ihren Stoffwechsel zu entlasten. Prof. Dr. Uwe Hühn und Johannes Hilgers, SVR w.V., stellen einige Rationsgestaltungen für die Sommerfütterung vor.

Erfahrungsgemäß ist in den Ferkelerzeugerbetrieben mit einem auftretenden „Sommerloch der Sauenfruchtbarkeit“ zu rechnen, wenn die weiblichen Zuchtschweine hohen Umgebungstemperaturen ausgesetzt sind. Steigen diese über die Wohlfühltemperatur der Tiere zwischen 18 und 21 °C an, so werden deren Mechanismen zur Temperaturregulation übermäßig beansprucht. Dies wird an Sommertagen mit über 25 °C und mehr noch an heißen Tagen ab 30 °C immer schwieriger, trotz der vielerorts eingerichteten Lösungen zum Kühlen, Lüften und Befeuchten der Ställe. Nach dem Hitzesommer des Jahres 2018 wurde über steigende Sauenverluste (Todesfälle) im Vergleich zu den kühleren Monaten berichtet. Zugleich reagieren die Tiere mit sinkendem Futterverzehr. Laktierende Sauen, die zur Aufrechterhaltung ihrer Milchproduktion auf Körperreserven, wie Fettdepots und in der Tragezeit angesetztes Eiweiß, zurückgreifen, verlieren erheblich an Substanz und Körperkonstitution. Das wirkt sich schmälernd auf das Brunstgeschehen nach dem Absetzen, die im nächsten Wurfzyklus erreichten Trächtigkeitsergebnisse
und die Verbleiberate aus.

Hochleistungssauen brauchen Energie
Mit den steigenden Ferkelzahlen und der zu erbringenden Milchleistung sind auch die Ansprüche der laktierenden Sauen an die bedarfsgerechte Fütterung gestiegen. Tabelle 1 gibt die Richtwerte zur Versorgung mit umsetzbarer Energie (ME) (MJ/Tag) in der Säugezeit wieder. Eine 225 kg schwere laktierende Sau, die zwölf bis 13 Saugferkel großzieht, müsste beispielsweise von einem Laktationsfutter, welches 13,2 MJ ME je kg enthält, täglich bei einer 25-tägigen Säugezeit, wie sie vielerorts praxisüblich ist, im Mittel 7 kg verzehren. Nach den vorliegenden Erfahrungen aus den Betrieben wird bei den Muttertieren häufig eine niedrigere Futteraufnahme registriert, sodass höhere laktationsbedingte Lebendmasseverluste als gewünscht auftreten. Das betrifft vornehmlich die jüngeren Sauen (Wurfnummer 1 und 2) sowie bei hoher Wärmebelastung ganze Gruppen im Abferkelbereich. Dazu trägt auch der Stoffwechsel der Tiere bei, siehe Tabelle 1.

Energetischer Abbau der Futtermittel im Körper
Von der Gesamtmenge (Bruttoenergie) eines Futtermittels wird nur ein Teil in Leistung umgesetzt. Energie geht im Kot, im Harn und als Wärme verloren, wie die Übersicht in dem Kasten auf Seite 38 zeigt. In der BRD werden nach Empfehlung der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) der Energiegehalt der Futtermittel und der Energiebedarf der Schweine in der Maßeinheit Megajoule (MJ) Umsetzbare Energie (ME) angegeben. Wie ersichtlich, wird bei der Energieabbaustufe von der ME in die Nettoenergie thermische Energie frei. Es macht den Hochleistungssauen und insbesondere bei jahreszeitlich bedingten hohen Umgebungstemperaturen erhebliche Schwierigkeiten, diese Extrawärme aus dem Körper abzuführen. Wissenschaftler haben konstatiert, dass mit den gewachsenen Ferkelzahlen und höheren verabreichten Futtermengen an die modernen Muttertiere deren thermische Belastungen gegenüber den 1980er-Jahren angestiegen sind, denn sie produzieren mehr Wärme als früher. Daraus erwächst ein Dilemma.

Schweine sind schlechte Schwitzer
Man hat bei ihnen zwar morphologisch vorhandene Schweißdrüsen in der Haut nachweisen können, jedoch sind diese nicht funktionsfähig. Schweine schwitzen nur an der Rüsselscheibe, Schnauze einbezogen. Die Wärmeabgabe geschieht über die Atemwege. Bei diesem die Verdunstung betreffenden Wirkungskomplex wird die Luft erwärmt, mit Wasserdampf gesättigt und beim Ausatmen an die Umgebung der Tiere abgegeben. Diese Evaporation wird aus temperaturregulatorischen Gründen bei hohen Stalltemperaturen durch das Hecheln gesteigert, zugleich mit der ausgeatmeten Kohlensäure. Dabei leisten die Sauen Muskelarbeit.

Die in ihrem Körper vorhandene Isohydrie – das ist die Konstanz der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes und der Zellen – wird gestört, indem der pHWert über 7,45 ansteigt. Man spricht von einer respiratorischen Alkalose, das heißt, der Körper wird entsäuert. Das kann sich bis zur Harnblasenflüssigkeit hin auswirken: Schädliche Keime vermehren sich. Die Stoffwechselsituation der laktierenden Sauen wird anfälliger. Es gilt, Abhilfe zu schaffen, um den Säure- Basen-Haushalt im Gleichgewicht zu halten und einen Rohproteinüberschuss sowie vorkommenden Luxuskonsum an Eiweiß in der Sauenfütterung zu vermeiden. Dabei kommt der Komponentenwahl bei der Rationsgestaltung praktische Bedeutung zu. Beim Schwein führt zu viel Eiweiß zu einem vermehrten Anfall von Metaboliten des Proteinab- und -umbaus und nachfolgender Entgiftung zu Harnstoff in der Leber, die Ausscheidung der Abbauprodukte über die Nieren und den Nährstoffanfall in der Umwelt – Boden, Wasser, Luft.

In Tabelle 2 wurde die beim energetischen Abbau entstehende Wärme ver-schiedener Futtermittel ausgewiesen. Sie ist bei den Eiweißfuttermitteln deutlich höher als beim Getreide. Durch ein Sauenmineralfutter, welches einen bedarfsdeckenden Gehalt an den wichtigsten essenziellen Aminosäuren (AS) aufweist, kann der Rohproteingehalt des Alleinfutters für säugende Sauen abgesenkt und damit der Stoffwechsel entlastet werden. Die gängigen Versorgungsempfehlungen für laktierende Sauen geben als Richtwert für den Rohproteingehalt des Säugefutters 160 bis 175 g/kg an. Einfach mit dem Eiweiß runterzugehen, um eine Stickstoff- (N-) und Phosphor-( P-)reduzierte Ration zu erhalten, das funktioniert nicht. Vielmehr ist ein stärkerer Input auf Seiten der freien AS notwendig, siehe Tabelle 3.

Lysin ist die erstlimitierende AS, sie kann schon seit den 1950er-Jahren supplementiert werden. Im Laktationsfutter hat sich der empfohlene Gehalt in Richtung 1 % entwickelt (rund 10 g/kg). Im Laufe der Zeit sind weitere AS hinzugekommen. Die Empfehlungen zur Eiweißversorgung der Schweine basieren auf der Stufe der praecaecal verdaulichen (pcv), also dünndarmverdaulichen Aminosäuren. Durch Zulage der essenziellen AS Lysin, Methionin plus Cystin, Threonin, Tryptophan und Valin wird die Proteinqualität des Futters entscheidend beeinflusst. Die damit verbundene Proteinabsenkung fördert die Tiergesundheit und verbessert die Stickstoff-Bilanzen. Im Weiteren enthalten die einschlägigen Tabellenwerke Angaben für die AS Isolencin, Lencin und Histidin. Die genannten pcv AS sollen bei Zuchtsauen in bestimmten Relationen zum Lysin stehen. Für die laktierenden Muttertiere werden die Tabelle 4 dargestellten Verhältnisse empfohlen. Durch ihre Einhaltung lassen sich umweltschonende Fütterungsstrategien und ökologische Leitlinien sicherer umsetzen.

Praxisbewährtes Anwendungsbeispie
Eine an die beschriebenen Bedingungen angepasste Rationsgestaltung für Vorbereitung und Säugezeit der laktierenden Sauen lässt sich beispielsweise bilden mit 84,5 % Futtergetreide (60 % Weizen, 22,5 % Gerste); 9,0 % HPSojaextrak tionsschrot (46 % Rohprotein); 1,5 % Pflanzenöl (Rapsöl); 4,5 % Mineralstoff/Vitamin-Supplementen sowie Zulage von fünf essenziellen freien Aminosäuren (pcv AS) und 0,5 % Säuremischung. Beim Einsatz von Rohfett kann dessen Anteil bis auf 5 % erhöht werden. Wie Tabelle 3 ausweist, kann in der angegebenen Ration der Rohproteingehalt um 1,5 bis 3 % gegenüber der bislang praktizierten Versorgungsempfehlung gesenkt werden. Bemerkenswert ist, dass 1 % weniger Eiweiß in der Sauenration die Wasseraufnahme um 6 % senkt, da die Tiere weniger Durst haben. Infolgedessen fällt auch weniger Gülle an. Natürlich enthebt das nicht von der Pflicht einer bedarfsgerechten Versorgung aller Sauen mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser. Zur angegebenen Ration gehört noch eine Wasserdosierung von 0,3 bis 0,5 % eines speziellen Drinks, welcher die Futteraufnahme und -verwertung der Tiere verbessert. Es wurden in der Praxis Verzehrsleistungen von durchschnittlich 7 bis 12 kg der wiedergegebenen Ration erzielt.

Die vorläufigen Empfehlungen zur Faserversorgung der säugenden Sauen zielen da rauf ab, auch bei dieser Tierkategorie mehr Wohlbefinden – satt und zufrieden – und eine gute Darmgesundheit zu erfüttern. Laktierende Sauen sollten ein Futter erhalten, welches je kg mindestens 45 g Rohfaser enthält. Als weitere Richtwerte, die die Fasergehalte betreffen, werden im Rechenmeister für die Schweinefütterung für Neutral-Detergenzien-Faser (aNDFom) mindestens 160 g und für Säure-Detergenzien- Faser (ADFom) maximal 70 g je kg Sauenfutter genannt.

Fazit
Im Alleinfutter für säugende Sauen ließ sich ein Teil der Proteinquellen, hier Sojaextraktionsschrot, einsparen und der Rohproteingehalt auf 14,5 % reduzieren, indem alle essenziellen Aminosäuren in ausreichenden Gehalten auf bis zum Ende des Dünndarms verdaulicher Basis zugeführt werden. Dadurch wird der Stoffwechsel der Muttertiere entlastet. Über die an die warme Sommerzeit angepasste Rationsgestaltung hinausgehend wird ein derart gestaltetes Fütterungsprogramm auch in der übrigen Jahreszeit generell immer bedeutungsvoller, um die dargelegten ökologischen und tierphysiologischen Vorteile zu nutzen und nicht zuletzt den Anforderungen der novellierten Düngeverordnung zu entsprechen. Im Durchschnitt führt bei Schweinen jede Proteinsenkung um einen Prozentpunkt zu einer Reduzierung der Ammoniakemission von 10 bis 12 %. Zur betriebsbezogen vorteilhaften Verfahrensweise, bei der auch die weitere Förderung der reproduktiven Fitness der Tiere im Blickfeld bleibt, sollten sich die Ferkelerzeugerbetriebe der Fütterungsberatung bedienen.

Quelle: LZ Rheinland Hof&Feld S. 36-38