Umrauschern auf der Spur


Wenn Sauen schlecht tragend werden, kann das viele Ursachen haben. Diesen sollte auf den Grund gegangen werden, denn hohe Umrauschquoten senken die Ferkelzahl, sorgen für zusätzliche Arbeit und kosten viel Geld.

In den deutschen Sauenbetrieben hat die Zahl der lebend geborenen Ferkel in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Die Würfe sind beträchtlich größer geworden, wie beispielsweise die jährlichen Auswertungen des Rheinischen Erzeugerringes für Qualitätsferkel e. V. (FER) belegen (siehe Übersicht 1). Im Schnitt erreichten die Betriebe im vergangenen Wirtschaftsjahr 2018/19 stolze 16,36 lebend geborene Ferkel je Jungsauenwurf. Bei den Altsauen waren es sogar 16,98 Ferkel pro Wurf.

Wurfgröße ist nicht alles
Diese Zahlen sollten aber nicht dazu verleiten, andere wichtige Parameter der Fruchtbarkeitsleistung zu vernachlässigen. Neben der Wurfgröße spielen hier unter anderem die Trächtigkeits- und Abferkelrate im Sauenbestand eine bedeutende Rolle. Im Gegensatz zur Wurfgröße treten die Ferkelerzeuger bei diesen Kennzahlen jedoch seit Jahren auf der Stelle. Gleiches gilt im Grunde für die mit der Abferkelquote verknüpften Merkmale Umrauschrate, Zwischenwurfzeit und Wurfhäufigkeit je Sau und Jahr. Auch hier dürfte der Leistungsfortschritt gerne größer sein.
Allerdings handelt es sich bei den Daten um Durchschnittswerte. Zwischen einzelnen Betrieben gibt es durchaus beachtliche Unterschiede: Soweit ist die Betriebszweigauswertung Ferkelerzeugung der Landwirtschaftskammer NRW vom April 2020 beispielsweise für das untere Leistungsviertel der Sauenbetriebe eine Abferkelquote von 83,8 % aus. Die besten 25 % der Betriebe erreichen dagegen 87,8 Abferkelungen pro 100 Bele- gungen. Das hängt unter anderem mit der Umrausch-Häufigkeit zusammen und zeigt, dass es in diesem Bereich noch Verbesserungspotenzial gibt.

Die betriebswirtschaftliche Hebelwirkung der Fruchtbarkeitsparameter ist jedenfalls enorm, wie ein Blick in Übersicht 2 zeigt. Einmal Umrauschen pro Sau kostete bei Rahmenbedingungen und Ferkelpreisen im Schnitt der Jahre 2014 bis 2018 gut 33 €/ Wurf bzw. knapp 80 €/Sau und Jahr, wenn das vor jeder Trächtigkeit passiert. Umgerechnet auf den Ferkelerzeugerbetrieb mit 275 Sauen – das entspricht dem derzeitigen Durchschnitt im Rheinland im Wirtschaftsjahr 2018/19 – wären das ökonomische Verluste von mehr als 21.000 €. Natürlich rauscht nicht jede Sau vor jeder Trächtigkeit um. Aber es gibt ja durchaus auch Fälle, in denen die Tiere selbst nach mehrmaliger Belegung nicht tragend sind! Dadurch können sich beträchtliche Kosten entwickeln, die es rechtfertigen, sich mit dem Thema näher zu beschäftigen.

Ursachenforschung

Bei den Umrauschern sind mehrere Kategorien zu unterscheiden. Die in der Praxis häufig anzutreffenden Varianten sind in Übersicht 3 dargestellt und nach dem Zeitpunkt des Umrauschens auf- gelistet (in Tagen nach der jüngsten Belegung).

Grundsätzlich gibt es sowohl zyklusgerechtes oder regelmäßiges Umrauschen (dreiwöchiges Intervall) und Sauen, die azyklisch oder unregelmäßig nach 25 bis 38 Tagen erneut in Brunst kommen. Die Tiere, bei denen der Landwirt das Umrauschen 39 bis 45 Tage nach der letzten Belegung bemerkt, haben häufig drei Wochen zuvor ebenfalls umgerauscht. Es ist dem Ferkelerzeuger aber nicht aufgefallen. Bei Sauen, deren Nichtträchtigkeit trotz gründlicher Brunstkontrolle noch später erkannt wird, handelt es sich vermutlich um fortpflanzungsgestörte Tiere.

Besamungsmanagement

Liegen die Umrauschraten im Betrieb dauerhaft zu hoch, sollte das Management rund um die Besamung überprüft werden. In der Praxis finden sich häufig folgende Probleme:

■ Konditionsmängel bei einem Teil der abgesetzten, besamten und tragenden Sauen sowie eine nicht auf die aktuelle Körperverfassung abgestimmte Ernährung. Was die heutigen Tiere zu welchem Zeitpunkt benötigen, steht übrigens gut zusammengefasst im aktualisierten „Rechenmeister für eine effizientere Schweinefütterung“ der Landwirtschaftskammer NRW.
■ Ein fehlerhaftes Besamungsmanagement (zu frühe bzw. zu späte Inseminationszeiten, zu lange Abstände zwischen aufeinanderfolgenden Besamungen, mangelnde Hygiene usw.).
■ Belastungen rund um die Besamung sowie in der frühen Trächtigkeit (besonders während der Einbettung = Implantation der Embryonen). Das können bioklimatische Faktoren wie Hitzeperioden im Sommer sein, aber auch Stress bei Haltung, Umstallung oder Behandlungen der Tiere. Hier spielt unter anderem die Art und Weise der Sauengruppierung nach dem Absetzen eine wichtige Rolle.
■ Mykotoxinbelastungen im Sauenfutter bzw. im Einstreumaterial.
■ Auch die Unterschreitung einer Mindestsäugezeit von drei Wochen kann bei den Sauen mit unvollständiger Rückbildung der Gebärmutter dazu führen, dass diese beim ersten Belegen nicht trächtig werden.
■ Beim Verdacht auf infektiös bedingte Fruchtbarkeitsstörungen sollte der Hoftierarzt hinzugezogen werden. Dieser kann abklären, ob möglicherweise Krankheitserreger wie Viren, Bakterien, Parasiten oder Pilze an den Fruchtbarkeitsproblemen beteiligt sind.

Es gibt jedenfalls viele Ursachen für eine unbefriedigende Trächtigkeitsquote. Die Gründe für das gehäufte Umrauschen sollten im Zusammenspiel von Landwirt, Besamungsorganisation, Berater und Tierarzt gefunden werden, um die biologische und ökonomische Leistung des Betriebes zu stärken. Das gilt auch dort, wo große Würfe mit vielen Ferkeln nicht unbedingt auf Handlungsbedarf hindeuten.

 

Quelle: Landwirtschaftliches Wochenblatt Ausgabe 35/2020 S.23-24 Johannes Hilgers, Prof. Dr. Uwe Hühn, Kleinmachnow/Wal Fotos: Waldeyer