Zusatzmilch für Saugferkel


Ferkelmilch kann eine gute Ergänzung zur säugenden Sau sein, da die Tiere in vertrauter Atmosphäre zusätzlich Milch aufnehmen können.

In den sauenhaltenden Betrieben hat sich die Verabreichung von Ferkelmilch als immer bedeutungsvoller erwiesen. Sie erfordert die Einhaltung da rauf abgestimmter hygienischer Maßnahmen und erweitert die Palette nutzbarer Möglichkeiten zur weiteren Optimierung der Aufzuchterfolge im Abferkelstall. Johannes Hilgers, Rheinischer Erzeugerring für Mastschweine e. V., stellt Erfahrungen aus der Praxis vor.

 

 

 

 

 

 

 

 

Immer mehr Ferkelerzeugerbetriebe erzielen Wurfgrößen von über 14 lebend geborenen Ferkeln. Für einen Zuwachs von 1 kg Ferkelmasse sind 4,1 kg Sauenmilch erforderlich. Zwischen der täglichen Laktationsleistung der Muttersau und den wachsenden Anforderungen großer Würfe tut sich ein Milchdefizit auf. Mit der frühzeitigen Versorgung mit Extramilch – vorwiegend über Tassen und Schalensysteme – lässt sich die Lebendmasseentwicklung der aufgezogenen Ferkel verbessern. In der Sauenhaltung sind die biologischen Leistungen in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Daran haben die erreichten Zuchtfortschritte bei fast allen ausgewerteten Genetiken, das Engagement der Betriebsleiter und deren Teams sowie die gezielte Verbesserung der Produktionsumwelt und der Tiergesundheit erhebliche Anteile. Die Entwicklung der Wurfleistungen in rheinischen Sauenherden in Tabelle 1 belegt dies eindrucksvoll. So konnten in den ausgewerteten Betrieben im Verlauf von fünf Wirtschaftsjahren (WJ) die mittleren Wurfgrößen von Jung- und Altsauen von 13,95 auf 15,53 lebend geborene Ferkel je Wurf, also um 2,17 Stück, gesteigert werden. Die Zahl der pro Wurf abgesetzten Ferkel wuchs von 11,99 auf 13,23 Stück, ein Plus von 1,79 Stück, und je Sau und Jahr wurde eine Erhöhung von 28,41 auf 31,99 Stück erreicht, was immerhin ein Plus von 4,26 bedeutet. Sie vollzogen sich unter dem Management engagierter Familienbetriebe.

 

Milchbedarf steigt

Man hat bereits vor über einem Jahrzehnt festgestellt, dass die Kurven für die Leistungsfortschritte der Wurfgröße sowie der täglichen Milchproduktion der Sauen nicht parallel verlaufen. In Anlehnung an die Darstellung eines niederländischen Zuchtunternehmens (Topics) hat der ehemalige Landesverband Rheinischer Schweinezüchter 2009 die Trendentwicklung für beide Merkmale seit 1995 aufgezeigt und bis zum Jahr 2017 prognostiziert. Diese Voraussage hat sich seither als zutreffend erwiesen und stimmt mit der von uns vorgenommenen Kalkulation gut überein. Die Grafik veranschaulicht die Diskrepanz zwischen der Milchproduktion der Sau und den Anforderungen einer wachsenden Ferkelzahl. Im Hinblick auf die angestrebten Tageszunahmen der Saugferkel (möglichst nahe an 250 g) tut sich mit steigender Wurfgröße auf zwölf bis 15 Saugferkel und darüber ein progressiv zunehmendes Milchdefizit auf. Es legte seinerzeit nahe, die Wirkung von Extragaben Ferkelmilch (zusätzlich zur Muttermilch) zu erproben. Übereinstimmend mit den Ringauswertungen aus dem In- und Ausland ist allerdings nicht auszuschließen, dass bei großen Würfen die mittleren Geburtsgewichte der Ferkel sinken und die Würfe unausgeglichener werden können. Gleichzeitig mit den Ferkelzahlen sind auch die mittleren Tagesmilchleistungen der Muttersauen gestiegen. Deren Milchproduktion lässt sich näherungsweise aus dem Lebendmassezuwachs der Saugferkel abschätzen. Nach den gesicherten Erkenntnissen sind zur Produktion von 1 kg beim Saugferkel im Durchschnitt 4,1 kg Sauenmilch erforderlich. Daraus folgt, dass die Aufnahme von täglich 1 l mittlere Tageszunahmen eines Saugferkels von 244 g erlaubt.

In Tabelle 2 wird der Einfluss steigender Wurfgrößen auf die Tagesmilchleistung je Sau und die verfügbare Muttermilchmenge je Saugferkel aufgezeigt. Die Berechnung erfolgte ohne Berücksichtigung einer etwaigen Beifütterung. Es wird ersichtlich: In großen Würfen bleibt am Ende weniger Muttermilch je Saugferkel, was zu Lasten der möglichen täglichen Zunahmen bis zum Absetzen geht. Zu letzterem zählt seit einigen Jahren auch das Beifüttern von Ferkelmilch und die dazu gesammelten Praxiserfahrungen konnten zur breiten Anwendung dieser Methode beitragen. Sie stellt eine interessante Alternative zu Systemen mit Ammensauen dar, siehe Kasten Praxisbeispiel.

Erfolgreich praktizierte Methode

Das Beifüttern bietet eine Extraversorgung der Saugferkel in ihrer angestammten Abferkelbucht. Als unschätzbarer Vorteil ist dabei zu werten, dass die Ferkel einer Wurfgemeinschaft ungetrennt zusammenbleiben können und die zusätzlichen Milchgaben in der mütterlichen Bucht, also in der gewohnten Umgebung, erfolgen. Auch aus tierzüchterischer Sicht wird dies begrüßt, wie einem aktuellen Beitrag von Eveline Willems, Topics Norsvin International, anlässlich des 24. Mitteldeutschen Schweine-Workshops im Mai 2018 zu entnehmen ist. Sie führte aus: „In unserem Verständnis bedeutet dies, dass jedes Ferkel von seiner eigenen Mutter aufgezogen wird.“

Zudem können die Milchgaben ergänzend – nicht als Ersatz – zur Laktationsleistung der vertrauten Muttersau verabreicht werden. Sie erfolgen ab den ersten Lebenstagen und sollten zudem die Saugaktivität bei zuvor schwächeren Ferkeln stärken und diese in die Lage setzen, sich bei den Hauptmahlzeiten an der „Milchbar“, also der laktierenden Muttersau, reichlich zu bedienen.

Die von verschiedenen Anbietern bezogenen Milchpulver zur Herstellung von Ferkelmilch sind sprühgetrocknet, homogenisiert und pasteurisiert, leicht löslich oder bereits in einer fertigen Lösung. Die Zusammensetzung und Größe der enthaltenden Fettpartikel sind mit der reifen Muttermilch vergleichbar. Für das Milchpulver wird angegeben, dass 1 kg einen Lebendmassezuwachs von 1 kg erbringt. Die Ferkelmilch wird nach der Kolostralperiode ab zweitem oder drittem Tag an die bedürftigen Würfe verabreicht. Dazu werden vorzugsweise zusätzlich aufgestellte Milchtassen verwendet und die Ferkelmilch zwei- oder mehrmals täglich angeboten. Dies erfolgt kontinuierlich bis fast zur ad-libitum- Stufe.

Milchhygiene im Abferkelstall

Kriterien einer guten Management-Praxis sind frische Zubereitung der Ferkelmilch, sauberes Arbeiten sowie ein hygienisches Vorgehen, wie es auch bei der Tätigkeit im Abferkelstall und der Reinigung und Desinfektion von Einrichtung und Ausrüstung des Stalles Analyseund der einzelnen Abferkelbuchten üblich ist. Dabei geht es auch darum, eine Keimbesiedlung der Milchtassen zu verhindern, einen Verderb, also ein Sauerwerden der Ferkelmilch, auszuschließen und lästige Fliegen fernzuhalten. Die Milchtassen lassen sich vom Stallgang mit einer Gießkanne befüllen. Die Saugferkel stoßen beim Erkunden der Abferkelbucht rasch auf die angebotene zusätzliche Milchquelle, nehmen die Tassen gern an und lecken diese leer und sauber.

Ob Gießkanne, Litermaß, Milchtaxi oder andere stationäre Vorrichtungen zur Fütterung der Ferkel: Es wird stets aus blankem und zuvor gereinigtem Trog gefüttert. Sehr wichtig sind dabei die Beherrschung der Troghygiene und eine fast ad-libitum-Verabreichung. Dabei sollten Betriebsleiter und die Verantwortlichen für die Abferkelställe stets die hygienischen Erfordernisse bei laufender Produktion beherzigen, die für alle Schweinehaltungen zutreffen und letztlich auf die Gesunderhaltung und das Tierwohl gerichtet sind.

In der Betriebspraxis kommen verschiedene Varianten vor. Welche davon in Frage kommt, hängt auch von den Gegebenheiten vor Ort ab.

Die Ferkelmilch kann mit der Gießkanne nachgefüllt werden und sollte fast ad libitum verfügbar sein. Foto: Johannes Hilgers

Fazit

Die Ergänzung des Ferkelservice durch das Extraangebot von Milch lässt sich wahlweise bei den Würfen über eine unterschiedliche Dauer der Säugezeit hinweg wie auch bei der mutterlosen Aufzucht in der Abferkelbucht einsetzten, wenn die Muttersau abgängig war. Die dargestellten Methoden können dazu beitragen, defizitäre Versorgungssituationen bezüglich der Laktationsleistung säugender Sauen zu berücksichtigen. Sie haben sich als praktikabel erwiesen und bereichern die Palette nutzbarer Möglichkeiten zur Verbesserung der Aufzuchterfolge im Abferkelstall.